Vertiefungswissen anzeigen Vertiefungswissen verbergen

5.1 Privatsphärenbereiche

1 Privatsphärenbereiche
Ablauf der Unterrichtssequenz
Es werden in einigem Abstand drei Bilder ausgelegt, die unterschiedliche Bereiche von Privatsphäre symbolisieren:
  • Privat: z.B. Familie, beste Freunde, … (vertrauliche Einzelgespräche)
  • Halböffentlich: z.B. Schulzimmer, Pausenplatz, Gruppe bekannter Personen, …
  • Öffentlich: z.B. Internet, Dorfplatz, Strasse, …
Die Kindergruppe erhält Stichwortkärtchen und diskutiert unter Leitung der Lehrperson die folgenden Fragen:
  • Was bedeuten diese Begriffe?
  • Was sind Beispiele aus meinem eigenen Lebensalltag?
  • Welchem Bild würde ich welchen Begriff zuordnen?
An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass kein Kind gezwungen ist, eigene Beispiele zu geben (siehe Tabelle «Rechtliche Fachbegriffe»)
Die Karten werden jeweils einzeln und von der Lehrperson moderiert zugeordnet. Die Karten sollten (noch) nicht festgeklebt werden, sondern flexibel bleiben, da sich im Verlauf der Übung die Position verändern kann. Je nach Klasse, Situation und zeitlichen Möglichkeiten kann auch nur eine Auswahl der Karten mit den Kindern besprochen werden.
Ein Satz nicht bedruckter Karten steht ebenfalls zur Verfügung. Diese können im Lauf der Übung von den Kindern selbst mit weiteren Begriffen beschrieben werden. Deshalb sollten immer ausreichend freie Karten zur Verfügung stehen.
Diese Karten können genutzt werden, um eine vorgedruckte Karte durch zwei differenzierende Karten zu ersetzen, die unterschiedlich platziert werden. So kann z.B. die Karte «Ein Foto von mir» ersetzt werden durch «Ein Foto von mir, das ich mag» und «Ein Foto von mir, das ich nicht mag» . So können sinnvolle und den Kinderanliegen entsprechende Differenzierungen vorgenommen werden.
Im Anschluss an diese Sortierübung sollte darauf eingegangen werden, welche Rechte jedem Einzelnen zustehen. Im Gespräch kann die Lehrperson mit den Kindern anhand der Beispiele über die folgenden rechtlichen Fachbegriffe diskutieren:
Urheberrecht
Fotos, Bilder, Filme oder Töne, die ich aufgenommen habe, darf niemand weitergeben, ohne dass ich damit einverstanden bin.
Recht am eigenen Bild
Niemand darf Bilder, die mich zeigen, weitergeben, im Internet veröffentlichen, in einem Chat verschicken etc., ohne dass ich dem zugestimmt habe.
Auch ich darf keine Bilder von anderen, ob sie Freunde/Freundinnen sind oder nicht, weitergeben, ohne dass diese Personen mir ihr Einverständnis dazu gegeben haben.
Ich darf mein Einverständnis zur Weitergabe jederzeit widerrufen.
Personenbezogene Daten
Das sind: Mein Name, mein Alter, mein Geburtstag, meine Adresse usw.
Ich muss niemandem meine personenbezogenen Daten weitergeben (mit Ausnahme der Polizei).
Diese Daten dürfen nur erhoben und gespeichert werden, wenn das absolut notwendig ist (z.B. damit die Schulbehörde weiss, wo ich wohne oder in welche Klasse ich gehe).
Die Schule darf diese nicht weitergeben, ausser es ist gesetzlich so geregelt, dass sie dies darf (z.B. an externe Fachstellen wie den Schulpsychologischen Dienst).
Spezielle Personendaten, besonders schützenswerte Daten, sensitive Daten
Das sind Informationen über meine Religion, meine Gesundheit (oder die meiner Familie), meine Intimsphäre, aus welchem Land ich oder meine Eltern kommen, welche Hautfarbe ich habe, ob meine Eltern arbeitslos sind, Strafverfolgung usw.
Diese Informationen sind besonders geschützt, weil ich damit von anderen schlecht gemacht werden kann (diskriminiert werden kann).
Dabei soll besprochen werden, wie Kinder reagieren können, wenn ihre Rechte verletzt werden und wo man sich bei Bedarf Hilfe holen kann. Hier ist es besonders wichtig, den Kindern Raum für ihre Vorschläge zu geben und diese gegebenenfalls durch konkrete Vorschläge zu ergänzen, z.B. mit der Person reden, einen Erwachsenen zu Hilfe holen, auf sein Recht bestehen (bis hin zur Anzeige).
In dieser Phase soll auch darauf eingegangen werden, dass auch manche Erwachsenen diese Rechte nicht kennen oder beachten, wenn sie z.B. unbedarft Fotos der Kinder im Internet publizieren.
Hintergrundwissen zur Gesprächsführung für die Lehrperson
  • Für Kinder ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, sich in eine Datenschutzsituation einzudenken. Deshalb ist es hilfreich, wenn man die Karten anhand von konkreten, den Kindern vertrauten Beispielen bespricht. So kann man anhand einer konkreten Datenkarte (z.B. «Wovor ich Angst habe») in der Klasse fragen: «Wäre es dir recht, wenn diese Information allen in der Klasse vorgelesen wird?»
    Auf so eine Frage kann es von Kind zu Kind unterschiedliche Antworten geben. Während es dem einen Kind peinlich ist, hat das andere Kind nichts gegen die Publikation. Wichtig ist, den Kindern individuell unterschiedliche Schutzbedürfnisse zuzugestehen und sie andererseits zu ermuntern, ihr Recht auf Datenschutz zu wahren bzw. einzufordern. 
  • Bei der Gesprächsführung mit den Kindern können erste Hinweise besprochen werden:
    • nicht alle Menschen haben gute Absichten, weshalb gewisse Daten besser zu schützen sind als andere. 
    • Aus mehreren «nichtpersönlichen» Daten können persönliche Informationen werden, wenn man sie kombiniert.  Wenn ich z.B. ein Foto des Schwimmbades, in dem ich oft bin, und ein Foto meines Zuhauses im Internet zeige, kann das einen Hinweis geben, wo ich mich oft aufhalte und welche Wege ich gehe.
Zu den Hintergründen der Datenschutzgesetzgebung
  • Personendaten sind ein schützenswertes Gut. Es geht nicht nur darum, dass ich ohne Schutz mit jeder Menge auf mich zugeschnittener Werbung konfrontiert bin. Wer viele Informationen über mich besitzt, kann mich auch sonst manipulieren, verfolgen oder schlechtmachen.
  • Datenschutz und Schutz der Privatsphäre sind Voraussetzungen für die freie Meinungsbildung, eine autonome Lebensgestaltung und letztlich das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft.